wfoz_veranstaltungen_swissprinters.jpg
Silvia Binggeli, Chefredaktorin der Schweizer Illustrierten, und Alexander Theobald, CEO Swissprinters, halten die letzte SI in der Hand, die in Zofingen gedruckt wurde. Bild: Janine Müller
1.10.2024

Swissprinters – letzte Zeitschrift gedruckt

Letze in Zofingen gedruckte Ausgabe der Schweizer Illustrierten. Diese denkwürdige Meldung macht wehmütig und könnte die Schliessung der Zofinger Druckerei Swissprinters, die schon im Januar 2024 kommuniziert wurde, nicht besser symbolisieren. Zwei Dinge stechen heraus: Zum einen war die Drucktechnik modern. Sie war nicht der Grund für die Schliessung. Und zum anderen wird die Zeitschrift nun im Ausland produziert.


Die letzte Zeitschrift ist gedruckt, jetzt steht die Lithoman still

Zum letzten Mal ist am Donnerstagmorgen bei Swissprinters eine Zeitschrift gedruckt worden. Damit geht eine Ära Zofinger Wirtschafts- und Mediengeschichte zu Ende.

Die Druckmaschine wehrt sich. So, als wollte sie zeigen, dass sie sich mit dem Ende nicht abfinden will. Doch die Swissprinters-Drucker wissen, was zu tun ist. Und so ertönt mit 20 Minuten Verspätung doch noch das Signal. Die Druckmaschine, eine Lithoman, springt an, die letzten Exemplare der neusten Schweizer Illustrierten gehen in den Druck. Es ist ein historischer Moment, der verfolgt wird von Mitarbeitenden der Druckerei, der Schweizer Illustrierten – darunter Chefredaktorin Silvia Binggeli – und von Mitarbeitenden von Ringier.

Alexander Theobald, CEO der Swissprinters AG, richtet ein paar Worte an die Anwesenden und beobachtet anschliessend, wie auf dem Bildschirm eine stetig kleiner werdende Zahl anzeigt, dass das Ende näher rückt. Und dann steht da eine Null. Die Lithoman hat ihren Job erledigt. Um 9.37 Uhr drückt Theobald Produktionsleiter Vulnet Veliju kurz die linke Schulter und umarmt ihn dann. Die Drucker klatschen sich ab und genehmigen sich dann eine kurze Pause. Durchatmen. Realisieren, was gerade passiert ist.


«Es ist eine Zäsur für die Mitarbeitenden, für das Unternehmen, aber auch für die Stadt Zofingen.»

Alexander Theobald
CEO Swissprinters


«Es ist eine Zäsur für die Mitarbeitenden, für das Unternehmen, aber auch für die Stadt Zofingen», sagt Alexander Theobald wenig später. «Es ist traurig. Man weiss zwar, dass dieser Moment kommt, aber wenn es dann soweit ist, ist es schwer.»

Elf Männer bestreiten die letzte Schicht

Besonders emotional ist der Tag für Produktionsleiter Vulnet Veliju und seine zehn Männer, welche diese letzte Schicht bestreiten. Veliju arbeitet seit 2006 bei Swissprinters und hat sich entschieden, bis am Schluss dabei zu sein. Genauso wie ein paar andere. «Trotz der schwierigen Umstände haben wir sehr loyale Mitarbeiter. Wir bleiben, wir löschen am Schluss das Licht.»


«Trotz der schwierigen Umstände haben wir sehr loyale Mitarbeiter. Wir bleiben, wir löschen am Schluss das Licht.»

Vulnet Veliju
Leiter Produktion Swissprinters


Diese Menschen braucht das Unternehmen auch. «Auch wenn heute die Maschinen verstummen, gibt es doch noch Arbeit», sagt Aline Theiler von der Unternehmenskommunikation. Seit bekannt geworden ist, dass die Druckerei schliesst, habe man die Mitarbeitenden eng und mit viel Herzblut begleitet. Für die meisten sei eine Anschlusslösung gefunden worden. Es hätten sich auch Firmen gemeldet, die Interesse daran hatten, Mitarbeitende zu übernehmen.

 

Bis Ende Jahr erfolgt der Rückbau der Druckmaschine

Bis etwa Ende Jahr werden Vulnet Veliju und sein Team für den Rückbau der Druckmaschine verantwortlich sein und die letzten Arbeiten erledigen. Aktuell hat er noch keinen neuen Job in Aussicht. «Ich wollte für die Mitarbeitenden hier sein, bin aber zuversichtlich, was meine Zukunft betrifft», sagt er.

Inzwischen sind die gedruckten SI-Exemplare in der Weiterverarbeitung. Sie werden geheftet und verpackt. Wie bereits bei den Druckern sind auch hier Menschen an der Arbeit, die seit Jahrzehnten treue Mitarbeitende sind. Menschen, die hier bereits die Lehre gemacht haben und danach gerne geblieben sind.


«Es ist brutal traurig, dass wir euch verlieren.»

Silvia Binggeli
Chefredaktorin Schweizer Illustrierte


Chefredaktorin bedankt sich unter Tränen

Wenige Minuten später hält Chefredaktorin Silvia Binggeli das letzte in Zofingen gedruckte SI-Exemplar in der Hand. «Ihr seid unser Team. In meinen zweieinhalb Jahren als Chefredaktorin der SI habe ich gemerkt, welch wichtige Rolle ihr spielt», sagt sie mit Tränen in den Augen zu den Anwesenden. «Es ist brutal traurig, dass wir euch verlieren.»

Auch Alexander Theobald bedankt sich bei den Mitarbeitenden, die er als Rückgrat des Unternehmens bezeichnet. «Es ist schmerzhaft zu sehen, wie die Geschichte aufhört. Wir dürfen traurig und stolz sein zugleich. Stolz darauf, Teil dieser grossen Geschichte zu sein.» Er blickt kurz zurück auf die Druckerei-Geschichte von Ringier in Zofingen. Erzählt, wie hier neue Drucktechniken entwickelt wurden und Besuch aus der ganzen Welt kam, um sich zu informieren. «Dieser Standort hat das Unternehmen Ringier gross gemacht», sagt Theobald.

Bei Kaffee, Gipfeli und Schoggistängeli verarbeiten die Anwesenden das Geschehene, Erinnerungsfotos werden geschossen, einige SI-Exemplare von allen unterschrieben. Ein Andenken an diesen speziellen Tag. Ein Tag, an dem sich ein Kapitel Zofinger Wirtschafts- und Mediengeschichte schliesst.

Produktionsleiter Vulnet Veliju braucht jetzt Zeit, die Geschehnisse zu verarbeiten, wie er sagt. Er und sein Team haben nach der Schicht zum Grillieren abgemacht. Und vielleicht stossen sie auch noch auf ihren Chef an. Vulnet Veliju feiert nämlich just an diesem denkwürdigen Tag noch seinen 39. Geburtstag.

wfoz_veranstaltungen_swissprinters-1.jpg
Vulnet Veliju, Leiter Produktion, überwacht den Druckprozess. – Bild: Janine Müller
wfoz_veranstaltungen_swissprinters-2.jpg
Die SI-Ausgaben werden signiert. Im Bild Swissprinters-CEO Alexander Theobald. – Bild: Janine Müller

Die Geschichte von Swissprinters

Vor über 101 Jahren kaufte Paul Ringier die ersten Teile des heutigen Swissprinters-Areals. Die Familie Ringier kommt aus Zofingen, Ringier ist ein Zofinger Unternehmen und auch die Journalistenschule von Ringier befindet sich in Zofingen, im ehemaligen Wohnhaus der Familie Ringier. Swissprinters entstand am 1. Januar 2005 durch den Zusammenschluss der Zeitschriften und Akzidenzdruckereien der Ringier-Print Holding und der NZZ-Mediengruppe. Die Grundidee: Den Schweizer Markt für Heatset-Rollenoffsetproduktion, also für Zeitschriften und hochauflagigen Werbedruck, zu konsolidieren und dem verringerten Markvolumen anzupassen. 2006 stiess Edipresse dazu. Nach Übernahme von Edipresse durch Tamedia wurden Anteile von Tamedia im Jahr 2012 von der Swissprinters-Holding übernommen. 2010 erfolgte der Ausstieg aus dem Tiefdruck.

Die Geschichte von Swissprinters selbst zeigt die Konsolidierung des Druckmarkts. Beim Start im Jahr 2005 hatte Swissprinters vier Standorte mit gegen 1250 Mitarbeitenden. Zuletzt hatte Swissprinters nur noch den Standort Zofingen mit 144 Mitarbeitenden. Dennoch bleibt der Standort Zofingen für Ringier wichtig. Zofingen ist und bleibt der Hauptsitzt der Ringier AG. Heute haben über 100 Mitarbeitende, besonders Finance und IT, ihren Arbeitsplatz in Zofingen.

Die Druckmaschine soll nach Möglichkeit verkauft und die Räume vermietet werden. Zudem soll das Nutzungspotenzial des ganzen Areals ausgeschöpft werden. Ende Februar dieses Jahres stellte Swissprinters die Pläne dazu vor (das ZT berichtete). Unter anderem sollen auf dem Areal 228 Wohnungen entstehen. (jam)